Friedrich Hegar, Music for the University
    Festliche Kantate zur Einweihung des Hauptgebäudes der Universität Zürich 1914
    Musik-CD, Spielzeit ca. 79 Minuten
Artikelnummer: MTU
    Kategorie: Studentenlieder, SK
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Festliche Kantate zur Einweihung des Hauptgebäudes der Universität Zürich 1914
    „Die Weihe des Hauses“ – so heißt das Theaterstück August von Kotzebues, das im Oktober 1822 zur Eröffnung des Wiener „Theaters in der Josefstadt“ aufgeführt wurde. Es handelt sich dabei um eine
    Überarbeitung des Festspiels „Die Ruinen von Athen“, das ebenfalls zur Einweihung eines Theaterbaus geschrieben wurde, nämlich jenes von Pest im Februar 1812. In beiden Fällen hat Ludwig van
    Beethoven die Musik beigesteuert; die beiden Ouvertüren gehören bis heute zum engeren konzertanten Repertoire des Wiener Meisters aus Bonn.
    Aber auch innerhalb der studentischen Musik finden wir ein Werk, dast zur Weihe eines Hauses entstanden ist, wenngleich ein knappes Jahrhundert später. Am 18. April 1914 fand in Zürich der
    Festakt zur Eröffnung des neuen Kollegiengebäudes an der Rämistraße statt. Entworfen hat es das Schweizer Architektenteam Karl Moser (1860–1936) und Robert Curjel (1859–1925)* – der Auftrag dazu
    erfolgte nach guter schweizerischer Sitte erst nach einer Volksabstimmung. In der hiesigen Aula hielt Winston Churchill am 19. September 1946 seine berühmt gewordene Rede an die akademische
    Jugend der Welt: „... Therefore I say to you: let Europe arise!“**
    Für die Eröffnungsfeier wurden der Dichter und Professor für deutsche Literaturgeschichte Adolf Frey (1855–1920) aus Küttingen im Aargau und der Baseler Musiker Friedrich Hegar (1841–1927) mit
    einer Komposition beauftragt. Frey schrieb einen lyrischen Text, der ganz und gar dem Pathos jener Zeit entspricht und dessen Beginn ein wenig an Wagners Einzug der Götter in Walhall erinnert:
    „Herrlich vollendet / ragt der Tempel empor, / den sich das Volk gespendet / und zur Geisterklause erkor ...“ In 15 Abschnitten preist er das neue Gebäude als Stein gewordenes Sinnbild des
    Zürcher Geisteslebens. Dabei tritt selbst Zwingli auf, der Schweizer Reformator, der hier 300 Jahre zuvor als Seelsorger am Großmünster gewirkt und sich dem theologischen Disput gestellt hat.
    Dann erscheinen die vier klassischen Fakultäten der Gründungszeit, danach die Ehrendoktoren (unter ihnen auch Gottfried Keller, Conrad F. Meyer und Arnold Böcklin) und schließlich die Studenten,
    deren Gesang nach unverkennbar Brahms’schem Vorbild in ein abschließendes Gaudeamus übergeht. Hegar gestaltete diese Textvorlage für Männerchor, Solisten (auch Frauenstimmen) und Orchester ganz
    im Stil der Spätromantik, also mit riesigem Instrumentalapparat und üppigem Wohlklang.
    Hegar entstammte einer deutschen Musikerfamilie und studierte am Leipziger Konservatorium. Der Komponist, Verleger und Jugendfreund Goethes Johann André, erster Vertoner des Liedes „In allen
    guten Stunden“ und Schöpfer der Melodie zu Claudius’ „Bekränzt mit Laub“, war sein Urgroßonkel. Neben dem Kompositionsstudium ließ er sich am Klavier und an der Violine ausbilden. Nach
    Kapellmeisterstellen in Warschau und Gebweiler (Elsaß) kam er 1863 nach Zürich zurück, wo er zwei Jahre später die Leitung der Abonnementkonzerte der „Allgemeinen Musikgesellschaft“ übernahm. Aus
    diesem Ensemble ging 1868 das Tonhalleorchester hervor, dem er bis 1906 vorstand und dessen bis heute bestehendes internationales Ansehen er begründete.*** Auch das Züricher Konservatorium,
    dessen Direktor er fast 40 Jahre lang war, entstand aus einer von Hegar gegründeten Musikschule. 1889 erhielt er das Ehrendoktorat der Philosophischen Fakultät Zürich verliehen; weitere
    internationale Auszeichnungen folgten, darunter die Mitgliedschaften der königlichen Akademien in Berlin und in Stockholm. Neben seinen Dirigaten trat er auch als Soloviolinist im
    kammermusikalischen Bereich auf.
    Seine enge Freundschaft mit Johannes Brahms schlägt sich auch in seinen Kompositionen nieder, und das nicht nur in seiner Züricher Universitätskantate. Es ist vor allem sein formaler, an der
    Klassik orientierter Umgang mit Motiven und Themen, der an Brahms’ Vorbild erinnert. Doch blieb sein instrumentales Schaffen quantitativ weit hinter seiner Vokalmusik zurück. Er schrieb eine
    große Zahl von Chorwerken, darunter ein zu seiner Zeit sehr erfolgreiches Oratorium „Manasse“, das vor dem Ersten Weltkrieg im deutschsprachigen Raum zu den meist aufgeführten Oratorien zählte.
    Er vertonte Textvorlagen von Goethe, Keller, Körner, Fallersleben, Schenkendorf, Rückert, Freiligrath, Scheffel, Mörike u. a., darunter auch solistische Lieder. Die Schweizer Chorkultur des
    späten 19. Jh. wurde nachhaltig von ihm beeinflusst und er gilt heute als Begründer der Männerchorballade. Eher karg nimmt sich daneben das instrumentale Schaffen aus: Er hinterließ ein
    Violin- und ein Cello-Konzert, einige kammermusikalische Werke für Klavier und Violine, ein Streichquartett, eine Schauspielmusik und eine Festouvertüre zur Einweihung der Züricher
    Tonhalle.
    Nach seinem Tod am 2. Juni 1927 in Zürich wurde er weit über der Stadt, auf dem Friedhof von Fluntern, beigesetzt; hier ruhen auch bedeutende Geister wie James Joyce, Therese Giese, Elias
    Canetti und der Universitätsbaumeister Karl Moser.     
    Hegars 50 Minuten lange „Festkantate zur Zürcher Hochschulweihe“ op. 42 wurde 2014 zu deren 100. Jahrestag wieder zur Aufführung gebracht, diesmal in der Tonhalle. Von diesem Konzert besteht
    ein Mitschnitt, der aus studentenmusikalischer Sicht von besonderem Interesse ist, sind doch die beiden begleitenden Stücke das für den Jubiläumsanlass komponierte und uraufgeführte „Concrete“
    des Engländers Edward Rushton (*1972), der kurzfristig am Zürcher Konservatorium studiert hat, hier lebt und 2013 den Kompositionspreis der Stadt verliehen bekam, und Brahms’ „Akademische
    Festouvertüre“. Damit liegt eine einmalige Gegenüberstellung universitärer Musikwerke ganz gegensätzlicher Stilistik vor, aufgeführt vom Musikkollegium Winterthur (Orchester) mit mehreren Chören,
    darunter auch dem Akademischen Chor Zürich, und Gesangssolisten der Züricher Hochschule der Künste – also eine durch und durch akademische Produktion.
    aus: SK 1-2/2019
    
    *    Beide waren gebürtige Schweizer, Curjel verbrachte aber den größten Teil seines Lebens in Deutschland.
    **    „Deshalb sage ich Euch: Laßt Europa entstehen!“
    ***    Das Orchester wird heute von dem estnischen Dirigentenstar Paavo Järvi geleitet.
